Die wichtigsten Antworten zu Sozialplan, Interessenausgleich und Kündigungsabwicklung

Quelle: ATU Presse

Die schon jahrelang andauernde Umstrukturierung des Werkstättenkonzerns ATU geht in die finale Phase:

Alleine in Deutschland werden bis Ende des Jahres 42 schlecht laufende Filialen geschlossen – davon sind rund 410 Arbeitnehmer spätestens zum 31.Dezember 2020 betroffen.

Zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber wurden aus diesen Gründen nun mehrere Vereinbarungen abgeschlossen: Ein Interessenausgleich, ein Sozialplan und eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Kündigungsabwicklung

Im Interessenausgleich werden alle Maßnahmen zur Restrukturierung des Unternehmens in den personalrelevanten Aspekten festgehalten. Kurz gesagt wird hier versucht, betroffene Mitarbeiter auf freie Arbeitsplätze in anderen Filialen zu versetzen. Sollte das Angebot einer Versetzung oder Änderungskündigung von Ihnen abgelehnt werden, so erhalten Sie entweder die betriebsbedingte Kündigung oder Sie einigen sich mit Ihrem Arbeitgeber auf einen Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag. 

Im Sozialplan werden Maßnahmen zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile für betroffene Arbeitnehmer vereinbart, im wesentlichen Abfindungen. 

Letztlich sollen in der Gesamtbetriebsvereinbarung Anreize zum freiwilligen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis geschaffen werden (mithilfe von Prämien und Abfindungen).

Was bedeutet das nun für die Mitarbeiter? Die wichtigsten Fragen kurz und knapp geklärt

1.Was ist zu tun, wenn ein Aufhebungsvertrag angeboten wird?

Sollte Ihr Arbeitgeber Ihnen noch nicht sofort kündigen, sondern „zur Vermeidung einer Kündigung“ einen Aufhebungs- oder Änderungsvertrag anbieten, ist besondere Vorsicht geboten. Wenn Sie einen solchen Vertrag einmal unterschrieben haben, gibt es keine Möglichkeit mehr, hiergegen vorzugehen – Sie verzichten damit also faktisch auf ihr Recht, Klage zu erheben.

Bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages daneben zu berücksichtigen, dass die Agentur für Arbeit in diesen Fällen oft eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt, in der kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht.

Wir empfehlen Ihnen dringend, sich vor dem Abschluss eines Aufhebungs- oder Änderungsvertrages anwaltlich beraten zu lassen.

2. Was können Sie tun, wenn Sie eine Kündigung erhalten?

Wenn Sie eine Kündigung erhalten sollten, können Sie beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens wird geprüft, ob die Kündigung unwirksam ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, Ihr Arbeitgeber Fehler bei der Sozialauswahl gemacht hat, der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört wurde, keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erstattet wurde oder die Kündigung unzulässiger Weise wegen eines Betriebsüberganges erfolgt ist.

3. Welche Frist ist zu beachten?

Die Klage muss innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht erhoben werden. Wenn man Sie versäumt, gilt die Kündigung als rechtmäßig. Also beeilen!

4. Wie lange dauert ein Kündigungsschutzverfahren?

Dies kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein erster Gerichtstermin (Gütetermin) findet laut Gesetz innerhalb weniger Wochen ab Klageerhebung statt. Ziel ist, dass bereits in diesem Termin eine abschließende Einigung erzielt werden kann. Andernfalls läuft das Verfahren weiter. Dies kann einige Monate dauern.

5. Bekomme ich eine Abfindung? Wenn ja, in welcher Höhe?

Sollte eine betriebsbedingte Kündigung oder eine Änderungskündigung ausgesprochen werden, erhalten betroffene Mitarbeiter laut Sozialplan eine Abfindung.

Grundsätzlich gilt: Ansprüche aus Sozialplan haben alle am Stichtag des 02.September 2020 ungekündigten Arbeitnehmer, welchen durch die Umstrukturierung tatsächliche wirtschaftliche Nachteile entstehen. Ausdrücklich ausgenommen sind (unter anderem):

  • leitende Angestellte; von einer verhaltens- oder personenbezogenen Kündigung betroffene; befristet Beschäftigte; Arbeitnehmer, die selbst kündigen oder bereits gekündigt haben; Arbeitnehmer mit beendetem Arbeitsverhältnis während der Probezeit

Im Sozialplan werden insbesondere mögliche Abfindungszahlungen geregelt. Wie viel Mitarbeiter im einzelnen bekommen, hängt vor allem  vom Bruttomonatsgehalt und der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab .

Die Grundformel lautet: Monatsbruttogehalt x Betriebszugehörigkeit x 0,50 = Abfindung

Sonderzuschläge für besonders benachteiligte Mitarbeiter

Einige Mitarbeiter könnten daneben auch einen Anspruch auf Sozialzuschlag aufgrund von Schwerbehinderung, der Vollendung des 60. Lebensjahres (Rentennähe) oder einer Doppelbetroffenheit (beide Ehepartner oder Lebensgefährten sind betroffen) haben. Bei der Ermittlung Ihrer individuellen Ansprüche stehen wir Ihnen gerne zur Seite.

6. Übernimmt meine Rechtsschutzversicherung die Kosten für eine Klage?

In der Regel übernehmen Rechtsschutzversicherungen die Kosten. Die Korrespondenz (von der Deckungsanfrage bis zu Abrechnung) übernehmen wir als Kanzlei gerne.

Zögern Sie nicht uns anzusprechen!

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin mit einem Rechtsanwalt aus unserem erfahrenen Arbeitsrechtsteam rund um Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel


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