Die Flotte des Ferienfliegers Tuifly soll schrumpfen. Doch das klappt wohl nicht wie geplant: Vor den Arbeitsgerichten erleidet der Konzern immer wieder Bruchlandungen
Stellenabbau gerät ins Stocken – Kündigungsschutzklagen haben Erfolg
„TUIfly hat mehrfach Bruchlandungen vor den Arbeitsgerichten erlebt“, sagte Rechtsanwältin Simone Schäfer von der Kölner Kanzlei HMS Barthelmeß Görzel, die etliche Flugzeugführer vertritt. Damit gerät der ursprüngliche Plan, die eigene Flotte von ursprünglich 39 auf 22 Maschinen zu reduzieren, und damit 900 von 2400 bis zum Jahresende zu streichen, wohl erst einmal erheblich ins stocken. Insgesamt sollen etwa hundert Verfahren anhängig sein.
Der Plan: Kostensenkung! 370 Piloten – 830 Mitarbeiter – 300 Jobs in der Verwaltung
Zur Senkung der Kosten soll künftig nur noch rund die Hälfte der Maschinen an den Start gehen damit die Flugzeuge nicht ausschließlich in den reisestarken Sommermonaten, sondern ebenso im Winter ausgelastet sind. In erster Linie sollen TUI-Kunden befördert werden, die ihren Urlaub in konzerneigenen Ferienanlagen gebucht haben. TUIfly will aus diesem Grunde nur noch 370 Piloten und 830 Mitarbeiter in der Kabine beschäftigen. In der Verwaltung und Technik sollen 300 Jobs erhalten bleiben.
„Kein Kommentar“ – Ob TUIfly in Berufung gehen wird, ist unklar
Arbeitnehmervertreter hatten neben flexibleren Arbeitszeiten, tariflichen Nullrunden und einer Senkung der betrieblichen Altersvorsorge Anfang März auch dem Stellenabbau zugestimmt, um die vorerst geplante Verkleinerung der Flotte auf 17 Maschinen zu verhindern. TUIfly hatte im Anschluss daran mehrere Freiwilligenprogramme auferlegt: Wer das Unternehmen verließ, konnte mit einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als AbfindungDie Abfindung ist eine einmalige Geldentschädigung oder Zuzahlung, mit der normalerweise Rechtsansprüche des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber in Bezug auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeglichen werden. Mehr rechnen. Mithilfe dieses Vorgehens konnte TUI zwei Drittel des geplanten Stellenabbaus bereits auf freiwilliger Basis vollziehen. Unternehmenssprecher schweigen indes in Bezug auf die Ausschöpfung des Instanzenweges gegen die sich wehrenden Flugzeugführer.
Entlassungen nicht rechtmäßig – Weiterbeschäftigung bis zum Abschluss des Verfahrens
Personalvertreter der Piloten berichten, der Tenor der Urteile sei vor mehreren Arbeitsgerichten gleich: Die Entlassungen der Piloten waren nach Einschätzung der unteren Instanzen nicht rechtens. TUI muss diese folglich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterbeschäftigen. Der usprüngliche Plan, bis zum Ende des Jahres die überzähligen Piloten bis zum Ende des Jahres loszuwerden ist damit wohl gescheitert. Alleine vor dem Arbeitsgericht Hannover waren Anfang September gleich zehn Flugzeugführer mit ihren Kündigungsschutzklagen erfolgreich. Auch in Düsseldorf, Frankfurt und Köln sind Urteile zugunsten der Angestellten ergangen.
Berechtigte Hoffnung nun auch für das Kabinenpersonal?
In Düsseldorf war im Juli ein Flugkapitän erfolgreich dem TUIfly zuvor mitgeteilt hatte, dass er in der Sozialasuwahl an Rangstelle 178 stehe von 185 Piloten, die keine Kündigung erhalten. Im Anschluss nahmen sodann Kollegen Sonderkündigungsschutz wegen Eltern- und PflegezeitDas Pflegezeitgesetz (PflegeZG) ist seit Juli 2008 in Kraft. Es enthält Rechte für Arbeitnehmer, die pflegedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung pflegen. Mehr in Anspruch, sodass TUI dem Kapitän kurzum mitteilte, er sei nnun um 20 Plätze auf Position 198 gefallen – nun würde er doch entlassen werden. Das Arbeitsgericht konnte TUI mit diesem Vorgehen nicht überzeugen. Weder konnte dargelegt werden, dass keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr für den Piloten bestehen, noch sei klar, wie der Beschäftigungsbedarf gedeckt werden solle, während die 20 Kollegen in Eltern- und PflegezeitDas Pflegezeitgesetz (PflegeZG) ist seit Juli 2008 in Kraft. Es enthält Rechte für Arbeitnehmer, die pflegedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung pflegen. Mehr und damit abwesend seien. (Az. 10 Ca 1765/21)
Personal wehrt sich gegen Änderungskündigungen
Nun schöpft auch das Kabinenpersonal Hoffnung: Vor Gericht wehren diese sich gegen Änderungskündigungen. Die Stationen Hamburg, Münster-Osnabrück, Berlin, Bremen, Köln und Nürnberg sollen geschlossen werden. Personal, das einen Wechsel an andere Airports ablehnt, soll das Unternehmen verlassen. Mit 180 Klagen habe etwa die Hälfte der Betroffenen dagegen Klage eingereicht, so die Personalvertretung. Zwar stehen hier noch Urteile aus, aber der Trend der Piloten weist in die richtige Richtung.
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Volker Görzel Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Simone Schäfer Fachanwältin für Arbeitsrecht