Europäische Gerichtshof zu Ruhezeiten:  Auch Pausen können grundsätzlich Arbeitszeit im Sinne der EU-Arbeitszeitrichtlinie sein

Grundsätzlich gilt: Arbeitszeit wird bezahlt, Ruhezeiten nicht. Doch wie sieht es aus, wenn sich ein Arbeitnehmer während seiner gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten allzeit einsatzbereit halten muss?

Gesetzliche Regelungen zur Pausenzeit

Das deutsche Arbeitszeitgesetz definiert genau, wann Ruhepausen während der täglichen Arbeitszeit einzulegen sind. Auch auf europäischer Ebene gibt es eine entsprechende Richtlinie:  Mit der Arbeitszeitrichtlinie wird jedem Arbeitnehmer  bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine Pause gewährt.

In diesem Kontext haben immer wieder Gerichte zu klären, ob Zeiten, in denen Arbeitnehmer sich für ihren Dienst bereithalten müssen, wirklich als Ruhezeit oder als Arbeitszeit zu werte sind. In der neuesten Entscheidung musste sich der europäische Gerichtshof mit einem Fall beschäftigen, in dem sich ein Feuerwehrmann während seiner 30-minütigen Pause jederzeit innerhalb von zwei Minuten einsatzbereit sein muss.

Der vorliegende Fall

Dem Feuerwehrmann standen während seiner täglichen Arbeitszeit im Schichtbetrieb zwei Ruhepausen von jeweils 30 Minuten zu. In dieser Zeit durfte er sich entweder in der Betriebskantine oder in den sonstigen Räumen des Betriebs aufhalten. Jedoch war er verpflichtet sich jederzeit für einen Einsatz bereitzuhalten und innerhalb von zwei Minuten abfahrbereit zu sein. Kam es zu einem Einsatz, so wurde die Zeit vergütet. Erfolgte kein Einsatz während der Pause, so wurde die Zeit auch nicht vergütet und als Ruhezeit verbucht.

Hiergegen klagte der Feuerwehrmann vor dem zuständigen Gericht in Tschechien und verlangte die Vergütung der Pausen als Arbeitszeit. Das Gericht legte den Fall dem EuGH zur Entscheidung vor.

Arbeitszeit oder Ruhezeit- das ist hier die Frage

Der EuGH sollte unter anderem die Frage beantworten, ob die Dauer einer Pause, während der der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber für den Fall eines plötzlichen Einsatzes innerhalb von zwei Minuten zur Verfügung stehen muss, als „Arbeitszeit“ im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2003/88 anzusehen ist.

EuGH bleibt bisheriger Rechtsprechung treu

Im Ergebnis blieb der EuGH seiner bisherigen Rechtsprechung treu.  Es kommt bei der Beurteilung ob Arbeitszeit vorliegt darauf an, ob die betroffenen Arbeitnehmer während der Bereitschaftszeiten einschließlich Rufbereitschaften in der Möglichkeit ihrer Freizeitgestaltung „ganz erheblich beeinträchtigt“ sind.

Auch bei dem aktuellen Fall hat das Gericht entschieden, dass unter den Begriff „Arbeitszeit“ im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie auch eine während der Arbeitszeit gewährte Ruhepause fallen kann, „wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände ergibt, dass die dem Arbeitnehmenden während dieser Zeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie objektiv gesehen ganz erheblich seine Möglichkeit beschränken, die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, frei zu gestalten und sie seinen eigenen Interessen zu widmen“.

Entscheidend: ist die Möglichkeit der Freizeitgestaltung stark eingeschränkt?

Damit Pausenzeiten als Arbeitszeit bewertet werden können, müssen die Vorgaben des Arbeitgebers so streng sein, dass eine freie Gestaltung der Pausenzeit stark beschränkt sind. Die Auslegung der konkreten Vorgaben, müsse aber das tschechische Gericht vornehmen. Eine Einzelfallentscheidung nimmt der EuGH nicht vor. Er befasst sich nur mit der abstrakten Auslegung von Verordnungen und Richtlinien. Den Hinweis, dass es bei der Beurteilung der Frage nicht auf die tatsächlichen Vorgaben des Arbeitgebers ankommt- etwa wo sich der Arbeitnehmer aufzuhalten hat- gaben sie den tschechischen Kolleginnen und Kollegen trotzdem mit. Vielmehr sei entscheidend, welche Beschränkungen automatisch mit der Verpflichtung einhergehen innerhalb von zwei Minuten einsatzbereit zu sein.

Einordnung als Arbeitszeit unabhängig von Vergütungspflicht des Arbeitgebers

Der EuGH wies darauf hin, dass das Urteil nur erläutere, unter welchen Umständen eine Pause als Arbeitszeit gewertet werden kann. Er betonte erneut, dass die

Höhe und Art der Vergütung ist Ländersache

Art und Weise der Vergütung für Bereitschaftszeiten regelt die Arbeitszeitrichtlinie nicht. Dies haben die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten selbst zu regeln. Regelt etwa ein Mitgliedstaat, dass Zeiten, in denen tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht werden und Zeiten, in denen keine tatsächliche Arbeit geleistet wird,  unterschiedlich vergütet werden, so verstößt das keinesfalls gegen Unionsrecht.

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