Wer falsch beantragt, kann sich strafbar machen

Kurzarbeitergeld: Für viele Unternehmen der Weg aus der Krise. Aber was kommt danach?

Es ist bereits bekannt: Bei Kurzarbeit gleicht die Bundesagentur für Arbeit einen Teil des Lohnausfalls aus. Zudem übernimmt sie mindestens die Hälfte der Sozialbeiträge. Bereits zu Beginn der COVID-19-Pandemie hatten wir Unternehmen einen Leitfaden zur Beantragung des Kurzarbeitergeldes bereitgestellt.

Arbeitsagentur ermittelt gemeinsam mit Staatsanwaltschaft und Polzei

Auch wenn das Verfahren und die Antragsstellung derzeit stark vereinfacht wurden und das Geld schnell fließt, bleibt ein Risiko für Unternehmen bestehen: Nach der Coronakrise wird genauer hingeschaut. Fehlende Plausibilität, falsche oder ungenaue Angaben ins Blaue hinein können zur Rückforderung und empfindlichen Strafen führen.

Mehr als 850 Unternehmen unter Verdacht

Mehreren Berichten der Presse zur Folge, versuchen einige Unternehmen angeblich mithilfe des Kurzarbeitergelds abzukassieren – Behörden ermitteln gegen mehr als 850 Unternehmen. Über 60.000 Firmen hatten Kurzarbeit angemeldet, rund 1,5 Millionen Beschäftigte hatten Kurzarbeitergeld erhalten. Für die Kasse der Bundesagentur für Arbeit bedeutet das eine Belastung in Millionenhöhe. Aufgrund der akuten Krisensituation wurden Anträge bisher nur oberflächlich geprüft, doch nun erhärtet sich in vielen Fällen der Verdacht des Betrugs.

Vollzeiteinsatz trotz Kurzarbeit?

Angeblich arbeiten in einigen Unternehmen die Mitarbeiter, trotz teilweiser Übernahme der Lohnkosten vom Staat, weiter in Vollzeit. Laut BA hatten sich betroffene Mitarbeiter in letzter Zeit vermehrt anonym bei den Arbeitsagenturen gemeldet, wenn sie in ihrem Betrieb einen Verstoß vermuteten.

Spätestens nach der Krise können Ermittlungen drohen

Fest steht: Spätestens nach der Krise werden die Agenturen für Arbeit die Angaben der Antragssteller genauer überprüfen. Obwohl sich die meisten Hinweise bisher als nicht haltbar erwiesen, sollten Unternehmen rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um nicht in Verdacht des Betruges zu kommen und neben der Rückzahlung der Subventionen mit empfindlichen Geldstrafen sowie einem Imageschaden zu entgehen.

Wer nicht genau prüft, läuft ins Risiko – Wie Unternehmen sich absichern können!

Prüfungs-, Erkundigungs-, Informations- oder Aufsichtspflichten

Ein Strafbarkeitsrisiko besteht immer dann, wenn bei der Antragsstellung aus grober Unachtsamkeit oder aus Gleichgültigkeit Prüfungs-, Erkundigungs-, Informations- oder Aufsichtspflichten verletzt wurden.

Leichtfertigkeit reicht für Strafbarkeit aus 

Ausreichend können beispielsweise schon Zeiterfassungsbögen sein, die unvollständig oder fehlerhaft sind und den angezeigten Arbeitsausfall dokumentieren. Denn basiert die Ermittlung des Kurzarbeitergeldes auf diesen Informationen, ist auch die Höhe des Kurzarbeitergeldes fehlerhaft. Wenn die Unrichtigkeit auf den ersten Blick zu erkennen war, liegt ein Strafbarkeitsgrund für das Unternehmen vor.

Um überhaupt erst den Anspruch auf Kurzarbeitergeld entstehen zu lassen muss im Unternehmen auch ein Arbeitsausfall vorliegen. Wenn also tatsächlich noch Aufgaben vorhanden sind, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen seines Direktionsrechts zuweisen kann (z.B. Aufräumen des Lagers bei einer angeordneten Betriebsschließung und „Kurzarbeit Null“) liegt ein solcher Arbeitsausfall nicht vor.

Exakte Arbeitszeiterfassung und Zeitdokumentation

Wir raten Unternehmen daher vor der Anzeige des Arbeitsausfalls eine exakte Zeitdokumentation bzw. Zeiterfassung zu erstellen, um den tatsächlichen Arbeitsausfall nachvollziehen zu können. Insbesondere dann, wenn trotz Kurzarbeit noch gearbeitet wird, sollten diese Angaben genau kontrolliert und auf Plausibilität überprüft werden.

Vorjahresurlaub vor Kurzarbeit

Betroffene Unternehmen sollten zudem dokumentieren, in welchen Fällen der Arbeitsausfall durch bezahlten Erholungsurlaub kompensiert oder verhindert werden kann, denn die Agenturen für Arbeit fordern, dass jedenfalls in der Regel der Vorjahresurlaub vor Eintritt in die Kurzarbeit eingebracht werden soll.

Auch der Urlaubsanspruch aus dem laufenden Kalenderjahr oder etwaiges Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto sollte im Unternehmen berücksichtigt und abgebaut werden, bevor von einem „Arbeitsausfall“ gesprochen werden kann

Zusammenhang mit COVID-19

Letzten Endes muss anhand einer plausiblen Dokumentation nachgehalten sein, dass der unvermeidbare Arbeitsausfall tatsächlich auf ein Ereignis zurückzuführen ist, das im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie steht. Die pauschale Beantragung von Kurzarbeitergeld „wegen Corona“ ohne Nachweis eines unvermeidbaren Arbeitsausfalls reicht nicht aus.

Häufig übersehen wird in dem Zuge auch, dass Kurzarbeitergeld dann nicht mehr gewährt werden kann, wenn innerhalb des Bezugszeitraums des Kurzarbeitergelds nicht mehr damit gerechnet werden kann, dass zur Vollarbeit zurückgekehrt wird (z.B. wenn eine Betriebsschließung feststeht oder mit hoher Wahrscheinlichkeit absehbar ist). In Betracht kommt in einem solchen Falle noch ein Antrag auf das sogenannte Transfer-Kurzarbeitergeld (§111 SGB III).

Noch Fragen? Zögern Sie nicht uns anzusprechen!

Um eventuelle spätere Rückforderungen zu vermeiden müssen die Angaben des Unternehmens also schlüssig und nachvollziehbar sein: Unser Arbeitsrechtsteam steht Ihnen bei der Erstellung einer Dokumentation oder auch der Überprüfung bereits vorhandener Erfassungen in Ihrem Unternehmen gerne zur Verfügung.

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin mit einem Rechtsanwalt aus unserem erfahrenen Arbeitsrechtsteam rund um Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel


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