Als betriebliche Übung bezeichnet man den Umstand, dass ein Arbeitnehmer aus der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu Recht ableiten darf, dass der Arbeitgeber sich auch in Zukunft bzw. auf Dauer so verhalten wird.
Beispiele sind hier z.B. die Gewährung von Leistungen und Vergünstigungen wodurch Rechtsansprüche auf solche Leistungen begründet werden.

Durch die betriebliche Übung werden freiwillige Leistungen des Arbeitgebers zu verpflichtenden, denen sich der Arbeitgeber diesen nicht mehr einseitig entziehen kann.Die betriebliche Übung entsteht allein durch die gleichartige, wiederholte Praktizierung eines bestimmten Verhaltens des Arbeitgebers, ohne das es dabei auf einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers ankommt. Beispielsweise soll eine betriebliche Übung bestehen wenn der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander ohne Freiwilligkeitsvorbehalt Weihnachtsgeld zahlt. Der Arbeitnehmer kann dann darauf vertrauen, dass auch im vierten Jahr gezahlt wird.

Ausschluss der betrieblichen Übung?

Das Entstehen einer betrieblichen Übung ist dann nicht ausgeschlossen, wenn im Arbeitsvertrag mit einer (einfachen) Schriftformklausel jede Änderung des Vertrags der Schriftform bedarf. Nur bei sogenannten „doppelten“ Schriftformklauseln (Beispiel: „… auch die Änderung dieser Schriftformklausel bedarf der schriftlichen Form“) ist die Entstehung einer betrieblichen Übung ausgeschlossen.

Gegenstand einer betrieblichen Übung können zu Gunsten des Arbeitnehmers die verschiedenartigsten Leistungen des Arbeitgebers sein: z. B. Gratifikationen, Treuegeld, Geburtshilfe, betriebliche Altersvorsorge, Verpflegungszuschuss, Rentnerweihnachtsgeld, Transport zur Arbeitsstelle, usw.

Aber auch für den Arbeitnehmer ungünstige betriebliche Übungen kommen in der Praxis vor. Sie gelten für neu eintretende Arbeitnehmer nur dann, wenn sie entweder Kenntnis von der betrieblichen Übung hatten oder diese jedenfalls kennen mussten.

Die betriebliche Übung ist in ihrer Geltung nicht zwingend betriebsbezogen. Vielmehr hat es der Arbeitgeber bei Begründung der Übung in der Hand, den räumlichen Geltungsbereich festzulegen. Er kann die betriebliche Übung entweder unternehmensweit praktizieren oder sie auf eine Abteilung beschränken. Sie kann auch in einem Gemeinschaftsbetrieb entstehen.

Beseitigung der betrieblichen Übung

Ein durch betriebliche Übung entstandenes Recht kann nicht durch einseitigen Widerruf oder Direktionsrecht des Arbeitgebers beseitigt werden. Er muss eine Änderungskündigung aussprechen. Ändert der Arbeitgeber einseitig das einer betrieblichen Übung zugrunde liegende Verhalten, führt dies allein noch nicht zu einer Beseitigung des verpflichtenden  Charakters der betrieblichen Übung. Auf diese Weise kann allerdings eine neue betriebliche Übung begründet werden.

Eine bestehende betriebliche Übung soll nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, auch ohne Änderungskündigung durch eine neue, für den Arbeitnehmer ungünstigere betriebliche Übung abgelöst werden (Beispiel: drei Jahre unterbleibende Zahlung von Weihnachtsgeld, das bislang aufgrund betrieblicher Übung gezahlt wurde, ohne dass Arbeitnehmer widersprechen). Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitgeber seinen Willen zur Änderung der bisher bestehenden betrieblichen Übung eindeutig zum Ausdruck bringt. Will der Arbeitgeber Leistungen aus einer betrieblichen Übung einschränken, sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrat zu beachten. Der Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung einseitig beenden. Das Bundesarbeitsgericht lässt auch die Beendigung einer betrieblichen Übung durch eine sog. gegenläufige betriebliche Übung zu. Dabei wird die Leistung, auf die der Arbeitnehmer eigentlich einen Anspruch hat, vom Arbeitgeber nur noch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit und schließlich nicht mehr gewährt.

Für weitere Informationen wenden Sie sich an Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel von der Kanzlei HMS Barthelmeß.Görzel Rechtsanwälte in Köln.


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