Die Richter untersagen dem Optiker die Werbung mit einer Gratis-Brille

Werbeverbot für Optikerfachgeschäft-Kette

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat mit einer jetzt veröffentlichten Entscheidung vom 06.08.2020 einem Unternehmen, das über 140 Augenoptikfachgeschäfte in Deutschland betreibt, untersagt, mit Brillengeschenken für Angehörige bestimmter Berufsgruppen auf seiner Internetseite zu werben.

Einstweilige Verfügung: Verband gegen Optikfachgeschäft

Gegen diese im April 2020 erschienene Anzeige wehrt sich ein Verband, der nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder fördert. Er strebt den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung der entsprechenden Werbung mit einer Gratisbrille für „unsere Helden- exklusiv für Pflegerinnen, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte“ an. Mit der Beschwerde wendet sich der Verband gegen die Zurückweisung seines Antrags durch das Landgericht Stuttgart.

Kostenlose Abgabe von Brillen verstößt gegen deutsches Recht

Demgegenüber liegen nach dem Beschwerdesenat die Voraussetzungen für den Erlass einer Untersagungsverfügung und damit eines Werbeverbots vor. Bei der Werbung handle es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung, da die kostenlose Abgabe von Brillen gegen § 7 Abs.1 HWG verstoße.

Danach ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) für Medizinprodukte wie Brillen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit die Werbemittel nicht unter die dort genannten Ausnahmetatbestände fallen. Nach dem OLG liege hier auch eine  von dem Verbot erfasste Produktwerbung vor, da das Optikunternehmen damit für sein Produktsortiment mit bestimmten Kollektionen und Gläsern einer bestimmten Marke werbe. Somit liege hier nicht nur eine allgemeine Firmenwerbung, die nach dem HWG erlaubt ist, vor.

Unsachliche Beeinflussung potentieller Kunden

Zudem handle es sich bei der kostenlosen Abgabe einer Brille, auch im Rahmen einer Dankesaktion für „ Corona-Helden“, um eine Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Von ihr gehe die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werde eine unmittelbare Kopplung zwischen dem Erhalt der Werbegabe und einer Kaufentscheidung für das Bestehen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung nicht vorausgesetzt. Vielmehr seien hier die Grundsätze der sog. Publikumswerbung anzuwenden, wonach allein die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Beschenkten ausreiche.

Konkurrierende Brillenhersteller werden unzureichend berücksichtigt

Diese Gefahr liege hier nicht darin, dass der von der Werbung angesprochene Adressat eine Entscheidung über eine von ihm zu bezahlende Leistung trifft, die er sonst nicht in Anspruch genommen hätte, sondern darin, dass er sich für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheidet, ohne die Produkte der Mitbewerber in seine Entscheidung einzubeziehen. Daneben sei es denkbar, dass die Beschenkten aus Dankbarkeit weitere Brillen der Beklagten, wie z. B. eine Sonnenbrille, kostenpflichtig erwerben.

Zur Vermeidung einer Wiederholungsgefahr hat das OLG daher der Beklagten die entsprechende Werbung mit der Gratisbrille untersagt.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel mehr.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 24.08.2020

Aktenzeichen:

LG   Stuttgart    – 36 O 30/20  –  Beschluss vom 08.05.2020

OLG Stuttgart: –  2 W 23/20  –    Urteil vom  06.08.2020

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