Anpassung der Gewerberaummiete für ein geschlossenes Geschäft im Lockdown:  Zwei Gerichte und zwei Meinungen

Viele Gewerbetreibende haben ihre Betriebe aufgrund des Lockdowns nun schon mehrere Monate geschlossen. Die Miete läuft aber weiter. Mit der Frage, ob das rechtens ist, mussten sich zwei Oberlandesgerichte im März beschäftigen. Im Dezember 2020 erst regelte der Gesetzgeber dass die Schließungen oder Nutzungsbeschränkungen während der Coronapandemie grundsätzlich eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen.

Aktuelle Entwicklungen

Der Streit um die Anpassung von Gewerbemietverhältnissen in Zeiten von Corona nähert sich der Richtungsweisung durch den Bundesgerichtshof (BGH). Am Mittwoch entschieden gleich zwei Oberlandesgerichte über die Frage, ob eine Mieterin, die wegen Corona-Maßnahmen ihre gemieteten Räume nicht mehr zum Verkauf nutzen kann, dennoch die volle Miete entrichten muss. Und sie urteilten ganz unterschiedlich. Beide Verfahren dürften vor dem Bundesgerichtshof (BGH) weitergehen. Was Deutschlands höchste Zivilrichterinnen und -richter auf den Prüfstand stellen werden, hat Auswirkungen auf zahllose Mietverhältnisse.

OLG Dresden: Für eine Kürzung des Mietzinses

Am Mittwoch entschied das Oberlandesgericht Dresden für eine Gewerbemieterin. Die Textilgeschäftkette KIK trat dort als Berufungsklägerin auf. Die Geschäfte der Klägerin wurden im ersten Lockdown aufgrund von Allgemeinverfügungen des Landes geschlossen worden. Die Mietzahlung für April 2020 tätigte sie im Anschluss nicht. Der Vermieter klagte daraufhin und bekam in der ersten Instanz

Der Vermieter klagte und gewann in erster Instanz vor dem Landgericht Chemnitz. Auf die Berufung hin hob das OLG Dresden dieses Urteil nun auf (Urt. v. 24.2021, .

Laut den Richtern des OLG Dresden sei aber eine Störung der (großen) Geschäftsgrundlage des Mietvertrages im Sinne von § 313 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eingetreten. Der Vertrag sei anzupassen, die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte zu reduzieren. Keine der Parteien habe eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen. Daher sei es angemessen, die durch den Lockdown entstandene Belastung auf beide Parteien gleichermaßen zu verteilen. Laut Medienberichten soll der Vermieter bereits angekündigt haben, vor den Bundesgerichtshof zu ziehen und dort Klärung zu verlangen.

Anderer Ansicht: das OLG Karlsruhe

Passenderweise am selben Tag urteilte das OLG Karlsruhe ebenfalls in einem Streit des Unternehmens KiK auch dabei ging es um die Monatsmiete April 2020. Hier hatten die Richter die Ansicht der ersten Instanz bestätigt und dem Vermieter Recht gegeben.

Der Lockdown aufgrund der Coronapandemie begründe keinen Sachmangel, denn der Zustand der Mieträume erlaube weiterhin eine Nutzung als Verkaufs- und Lagerraum. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei nur anzunehmen, wenn die Verpflichtung weiterhin die volle Miete zu zahlen, die Existenz der Mieterin vernichten oder ihr wirtschaftliches Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen würde. Zudem müsse auch die Interessenlage des Vermietenden eine Anpassung erlauben.

Insgesamt müsse eine Prüfung der Einzelumstände erfolgen. Zu betrachten seien dabei unter anderem:  Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware. Solche besonderen Umstände habe, die Einzelhandelskette nicht ausreichend geltend gemacht. Der Zivilsenat des OLG Karlsruhe hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Das OLG Karlsruhe bedient sich hier noch der alten Rechtsprechung: Solange der Mieter nicht in seiner Existenz gefährdet ist, gibt es keine Anpassung.

Der BGH muss die Neuregelung aus Dezember 2020 bereits beachten

Durch die angekündigte Revision des Vermieters in Sachsen wird die im Dezember 2020 eingeführte Regelung zu Gewerbemietverhältnissen nun Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Im neuen Artikel 240 § 7 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) mit dem Titel „Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen“ wird geregelt: handelt es sich um Gewerbemieteinheiten, die infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, dann wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

Ein Kriterium der Zumutbarkeit wird hier besonders interessant sein: die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen. Wer staatliche Unterstützung bekommt in der Kirse, darf sich nicht auch einer Minderung der Miete herausnehmen. So im Grunde auch das Urteil des OLG Karlsruhe. Konkret geht es hier einerseits um die Überbrückungshilfen, die unmittelbar zum Ausgleich der geschuldeten Mietzahlungen ausgezahlt wurden. Aber auch um die Gewährung von Kurzarbeitergeld.

Der für Gewerbemietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH bekommt nun die Möglichkeit Ordnung in diese unübersichtliche Debatte hereinzubringen. Es bleibt also spannend.

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