Was die Entscheidung des BGH für die Internetwirtschaft bedeutet
BGH zu Cookies: Nutzer müssen der Speicherung ihrer Daten aktiv zustimmen. Datenschützer freuen sich, während die Internetbranche aufstöhnt
Wird eine Internetseite aufruft kennt das Procedere: Immer die gleiche Frage muss man beantworten – nämlich die nach der Verwendung sogenannter Cookies. Die Betreiber der Seite speichern damit persönliche Daten über das Verhalten des jeweiligen Nutzers auf deren Computern. Cookies werden überwiegend als lästig empfunden – für so manchen Betreiber sind sie jedoch überlebenswichtig, denn mit der gewonnen Information kann gezielte personalisierte Werbung geschaltet und letzten Endes Geld verdient werden.
Jahrelang andauernde Streitigkeiten vor Gericht
Seit Jahren streiten Verbraucherschützer und ein Gewinnspielanbieter schon vor Gericht über die Frage ob Seitenbetreiber konkret nach dem Cookie-Einsatz fragen müssen.
Die Entscheidung der Richter des Bundesgerichtshofs zu Cookies
Donnerstag war es endlich soweit: der BGH hat ein Urteil verkündet. Nutzer müssen nun aktiv in solche Cookies einwilligen, die technisch nicht unbedingt erforderlich sind. Im Vorhinein angekreuzte Auswahlkästchen sind unzulässig. Die bisherige Praxis wird dadurch durcheinander gebracht: Viele Webseiten setzten bisher häufig auf derartige Cookie-Voreinstellungen. Für die Internetwirtschaft werden Einbußen befürchtet.
Voreingestellter Haken benachteilige Nutzer unangemessen
Die Richter begründeten Ihre Entscheidung damit, dass ein voreingestellter Haken im Feld zur Cookie-Einwilligung die Nutzer unangemessen benachteilige. Der Senat habe das deutsche Telemediengesetz dabei nach den Vorgaben der seit 2018 geltenden EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ausgelegt, sagte der Vorsitzende Richter. Der deutsche Gesetzgeber habe das TMG nach Einführung der DSGVO zwar nicht überarbeitet, es sei aber klar, dass er keinen Widerspruch zum europäischen Recht sehe.
Was das Urteil für die Digitalwirtschaft bedeutet
Die Branche der Digitalwirtschaft befürchtet erhebliche finanzielle Folgen durch das Urteil. Möglicherweise werden Nutzer der Speicherung ihrer Daten künftig seltener zustimmen was dazu führt dass das gezielte Schalten von Werbung schwieriger wird und entsprechend weniger Umsatz generiert wird. Der finanzielle Verlust durch den Wegfall von Cookies ist nur schwer zu beziffern. Einer Analyse von Google zufolge bewegt er sich aber bei etwas über 50 Prozent der Publisher-Umsätze, schätzen Digitalexperten.
Gewinner der Entscheidung sind hingegen Plattformen wie Google, Facebook und Amazon: Hier könnten Anzeigen auch ohne Cookies personalisiert werden, da die dafür notwendigen Daten schon über die Anmeldung ihrer Nutzer verfügbar werden.
Datenschützer freuen sich über die Entscheidung des BGH
Datenschützer sehen die Entscheidung als Erfolg, denn die Privatsphäre der Verbraucher wird durch das Urteil gestärkt. Zudem behalten Nutzer die Entscheidungshoheit und die Verarbeitung ihrer Daten bleibt transparent.
Trotz Urteil: Viele Fragen bleiben weiter offen
Das BGH-Urteil konnte jedoch längst nicht alle Fragen klären: Es bleibt weiter unklar, welche Anforderungen an die „technische Erforderlichkeit“ von Cookies gestellt werden. Zudem bleibt die Frage offen, ob Seitenbetreiber die Zustimmung zu mehreren Cookies zusammenfassen dürfen.
Auf EU-Ebene ist Reform geplant
Aufgrund der vielen verbleibenden Unsicherheiten plant die EU eine Reform der E-Privacy-Richtlinie zur Klärung der verbleibenden Fragen. Nicht absehbar ist allerdings, wann sich die Mitgliedsstaaten einigen werden.
Quelle: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020067.html