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Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.

Die Klägerin war vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 in der Zahnarztpraxis der Beklagten im Empfangsbereich und als Bürofachkraft beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörten ua. die Praxisorganisation, Betreuung der Patienten, Terminvergabe, Führung und Verwaltung der Patientenkartei, Ausfertigung von Rechnungen und Aufstellung der Dienst- und Urlaubspläne. Darüber hinaus half die Klägerin bei der Erstellung des Praxisqualitätsmanagements. Die Beklagte erteilte ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis. Die Parteien streiten noch darüber, ob die Leistungen der Klägerin mit „zur vollen Zufriedenheit“ oder mit „stets zur vollen Zufriedenheit“ zu bewerten sind. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und angenommen, die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die vom Landesarbeitsgericht zur Ermittlung einer durchschnittlichen Bewertung herangezogenen Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen sollen, führen nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt ist die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Im Übrigen lassen sich den Studien Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen, nicht entnehmen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet sich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Das umfasst auch die Schlussnote. Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Der Neunte Senat hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird als Tatsacheninstanz zu prüfen haben, ob die von der Klägerin vorgetragenen Leistungen eine Beurteilung im oberen Bereich der Zufriedenheitsskala rechtfertigen und ob die Beklagte hiergegen beachtliche Einwände vorbringt.

BAG Urteil vom 18.11.2014 – AZ: 9 AZR 584/13

Quelle: PM des BAG Nr. 61/2014


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