Darf bei Mitarbeitern die Probezeit verlängert werden, wenn diese den Hauptteil der Zeit in Kurzarbeit oder Homeoffice verbracht haben? Wir klären auf!
Die Probezeit ist als eine gegenseitige Testphase für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wie können Arbeitgeber nun mit der Situation umgehen, dass neu eingestellte Mitarbeiter diese Zeit in Kurzarbeit oder alleine im Homeoffice verbracht haben?
Klar ist: Unter solchen Umständen ist eine sichere Einschätzung der Eignung für die arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit nur eingeschränkt möglich.
Grundsätzliches zum Thema Probezeit
Die Probezeit ist eine gegenseitige Testphase für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Grundsätzlich ist Sinn und Zweck der Probezeit dem gegenseitigen Kennenlernen in der ersten Zeit des neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses. Während der Arbeitgeber die Gelegenheit erhält, sich ein Bild von der fachlichen und persönlichen Eignung des Arbeitnehmers zu machen, lernt der Arbeitnehmer die Verhältnisse und Abläufe an seinem neuen Arbeitsplatz kennen und kann so feststellen, ob ihm diese zusagen.
„Die ersten drei Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit.“ Diese Formulierung findet man so oder so ähnlich in jeder Mustervorlage für Arbeitsverträge. Primär ist dies als Hinweis für den Mitarbeiter zu verstehen, dass nach Abschluss dieser Zeit der Arbeitgeber sich Gedanken dazu machen wird, ob der Arbeitnehmer für den Job geeignet ist oder ob er eine Kündigung wegen nicht bestandener Probezeit aussprechen wird. Die Kündigungsfrist beträgt dann nur zwei Wochen. Eine Probezeit kann bis zur Dauer von 6 Monaten vereinbart werden.
Zudem ist zu beachten, dass in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) noch nicht anzuwenden ist. Ist also eine Probezeit von drei Monaten vereinbart beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist zwei Wochen (§622 Abs. 2 BGB) , in den Monaten vier bis sechs beträgt die Frist vier Wochen zum 1. und 15. eines Monats (§622 Abs, 1 BGB).
Sonderlage Corona
Doch was gilt, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Homeoffice begonnen und die gesamte Probezeit dort verbracht hat? Oder wenn er gar die gesamte Probezeit in Kurzarbeit war?
Lässt sich die Probezeit auch über die sechs Monate hinaus verlängern?
Hier ist Vorsicht geboten! Nochmal zusammengefasst:
Gemäß § 622 Abs. 3 BGB kann das Privileg der abgekürzten Kündigungsfrist während der Probezeit für maximal sechs Monate in Anspruch genommen werden. Eine Probezeit für beendet zu erklären und den Arbeitnehmer wegen in der Probezeit binnen zwei Wochen zu kündigen, ohne weitere soziale Rechtfertigung, ist also nur in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses möglich. Vereinbarungen die diese Zeit verlängern sind unwirksam. In jedem Fall tritt nach sechs Monaten der KündigungsschutzUnter Kündigungsschutz versteht man gesetzliche Regelungen, die die Kündigung eines Vertrages erschweren oder ausschließen. Mehr ein
Ist eine Probezeit von 3 Monaten vereinbart, ist eine Verlängerung grundsätzlich problemlos möglich. Voraussetzung ist lediglich, dass die Verlängerung auf einer Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien beruht (die Abänderung im ArbeitsvertragDer Arbeitsvertrag bildet das Fundament des Arbeitsverhältnisses. Er ist ein privatrechtlicher gegenseitiger Vertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zur Leistung von Arbeit unter Leitung und nach Weisung des Arbeitgebers und der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Mehr ist hier erforderlich). Eine Probezeitverlängerung kann nicht durch einseitige Erklärung herbeigeführt werden.
War hingegen eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart und droht diese nun zu verstreichen, ohne dass der neue Arbeitnehmer jemals tatsächlich vor Ort gearbeitet hat, ist eine Verlängerung aufgrund des dann eintretenden Kündigungsschutzes sinnlos. Zusätzlich zur Grundkündigungsfrist von vier Wochen genießt der Arbeitnehmer dann ungeachtet einer schriftlichen Probezeitverlängerung den allgemeinen KündigungsschutzUnter Kündigungsschutz versteht man gesetzliche Regelungen, die die Kündigung eines Vertrages erschweren oder ausschließen. Mehr gemäß § 1 KSchG. Von diesem Moment an bedarf eine ordentliche Kündigung der sozialen Rechtfertigung.
Kann man alternativ dann das Arbeitsverhältnis beenden und einen neuen Vertrag abschließen?
Man könnte nun auf die Idee kommen, das Arbeitsverhältnis einfach während der noch laufenden Probezeit zu beenden und im direkten Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen und auch dort wieder eine sechsmonatige Probezeit zu vereinbaren. Doch auch dieses Vorgehen macht keinen Sinn, denn:
Wird ein neues Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien direkt im Anschluss an ein zuvor beendetes abgeschlossen, so wird die im beendeten Arbeitsverhältnis verstrichene Probezeit an das neue Arbeitsverhältnis angerechnet. Eine neue Probezeit kann also nicht vereinbart werden.
Unser Tipp: Kündigung mit Bewährungschance
Doch was können Arbeitgeber stattdessen tun, wenn sie sich bei einem Arbeitnehmer unsicher sind?
Er hat die Möglichkeit das Arbeitsverhältnis innerhalb der Frist des § 1 Abs. 1 KSchG mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer aber eine Bewährungschance zu geben, indem er mit einer überschaubaren, längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagt.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber können auch in einem AufhebungsvertragIm Gegensatz zu einer einseitigen Kündigung wird ein Aufhebungsvertrag im Einverständnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossen, um ein Arbeitsverhältnis aufzulösen. Ein Aufhebungsvertrag kann in unterschiedlichen Situationen für beide Seiten sinnvoll sein. Beispielsweise können Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer so betriebs- oder verhaltensbedingte Kündigungen und eventuell damit verbundene langwierige Kündigungsprozesse vor dem Arbeitsgericht vermeiden…. Mehr mit Wiedereinstellungsklausel vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Termin endet, der in einem angemessen überschaubaren Abstand nach dem eigentlichen Auslaufen des Erprobungszeitraums liegt. In diesem kann sich dann der Arbeitgeber weiter die Option behalten, den Arbeitnehmer letztlich doch weiter zu beschäftigen, sofern dieser sich „bewährt“.
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Volker Görzel Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Simone Schäfer Fachanwältin für Arbeitsrecht